Komm mit ins Mittelalter

Einige Bücher/Materialien sind so gelungen, dass ich sie hier in der Kategorie Lesestoff vorstellen möchte. Leider fehlt die Zeit für eine ausführliche Besprechung zum Beispiel im Chronico (Magazin für Geschichte).  Das heutige Opfer der Begierde heißt folgendermaßen und ist auch so im Bestand unserer Schulbibliothek zu finden:

Hein, Wulf: Komm mit ins Mittelalter : Mit zahlreichen Illustrationen des Autors / Wulf Hein. –  1. Auflage – Garching b. München : Hase und Igel Verlag, 2007. – 112 S.: zahlreiche Abb. –  22,80 €

Das Werk ist kein herkömmliches Fachbuch und auch kein Sachbuch für Kinder. Es ist in der Reihe „Materialien für den Unterricht“ bei Hase und Igel erschienen und versteht sich präziserweise als Materialband ab Klasse 5. Diesen Anspruch wollen wir noch genauer unter die Lupe nehmen. Schon beim ersten Durchblättern würde ich den Band auch für „Freizeitmittelalterliche“, Museumspädagogen und alle, die zusammen mit Kindern und Jugendlichen dem Thema nahe kommen möchten, dringend ans Herz legen. 

Komm mit ins Mittelalter„, fordert uns der Autor Wulf Hein auf,  der als Archäo-Techniker anscheinend mehr mit den Zeiten vor dem Mittelalter beschäftigt und hier zahlreiche gute Referenzen aufzuweisen vermag.  Seine Aufforderung leitet er mit einem kurzen Vorwort  und Hinweisen für den Pädagogen ein. Im Vordergrund der Einladung ins Mittelalter „steht der Alltag der Menschen“. Vier Kapitel nimmt sich der Autor dafür heraus: Stadt und Land, Burg und Kloster, Handel und Wandel und Mittelalter heute. Dazu gibt es noch einen Anhang mit Adressen von Museen, Internet- und Literaturquellen. Das beiliegende Poster versöhnt die Freunde einer ordentlichen Chronologie.  Sehr schön ist die Zeichnung, die am oberen Rand der Seite gleich darauf hinweist, in welchem Kapitel man sich befindet. Jedes Kapitel beginnt natürlich ganz übersichtlich mit einem Überblick über die einzelnen Aktionen und Aufgaben mit Erklärungen und den Aufwand von Materialbeschaffung, Vorbereitung und Umsetzung. Das geht von ganz einfachen Bastelarbeiten bis hin zu komplizierteren und sehr aufwendigen Dingen wie Brettchenweben und Mittelalterkleidung selbst herstellen. Schon ein kurzes Durchblättern reicht als Anregung für mehrere Projekttage aus. Dem „Freizeitmittelalterlichen“ sei gesagt, dabei geht es um eine möglichst sinnvolle und umsetzbare Projekt für den pädagogischen Bereich, für eine möglichst authentische Umsetzung sind in einigen Bereichen Nachrecherchen notwendig. Einiges ist sogar sehr aufwendig, wie die Pergamentherstellung, die ich nicht für die Schule und auch nur eingeschränkt für andere Projekte empfehlen möchte. Das wäre evt. etwas für eine „Freizeitmittelaltergruppe“ während einer mehrtägigen „Museumsbelebung“ in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Museumspädagogik.

Gehen wir noch ein wenig in Detail, um den mittelalterlichen Brei schmackhafter zu machen, denn wir sagt Wulf Hein: „Mit Gewürzen wurde nicht gespart.“ Aber gerade bei dem Abschnitt mit der mittelalterliche Küche und auch bei den Rittern fällt auf, dass hier doch wieder Bilder aus dem Hoch- und Spätmittelalter überliefert werden.  Auch Hanse und Papierherstellung schlägt in dieselbe Kerbe.  Fast wäre ich dann beim Abschnitt „Burgen“ auch erzürnt gewesen, weil hier mit einer Quelle und einer Situation aufgemacht wird, die schon außerhalb des mittelalterlichen Zeitraums liegt. Aber warum nicht den Abgesang des Ritters von Hutten in einer Burg voller Pulvergestank, der die meiste Zeit nicht typisch war, an den Beginn. Die Bastelei mit den Burgen entschädigt dafür: Hier kann von Ringwallburg über Motte bis zur Steinburg alles gebaut werden. Die Anweisungen sind detaillreich und mit schönen Zeichnungen vom Verfasser (wie im ganzen Band) versehen. Besonders gefreut haben mich auch die vielen Kinderspiele und selbst in Zusammenarbeit mit dem Mathematiklehrer können einige Projekt bearbeitet werden, wie z.B. bei „Eine Schnur mit 13 Knoten“.

Alles kann natürlich nicht in einem solchen Materialbuch vorkommen. Spontan fehlte mir das Schachspiel, dass über die Araber im Mittelalter zu uns kam und das auch mit einfachen Mitteln herzustellen wäre.  Ein mittelalterlicher König schrieb eines der ersten großen Bücher über das „königliche Spiel“.  Ein paar blöde Fehler gibt es natürlich auch. Im Abschnitt „Gott will es“ befinden sich schon Muslime in Griechenland und auf dem Balkan, wo noch das byzantinische Reich ganz fest und stabil steht und Saladin eroberte Jerusalem erst 1187,  so leid es mir tut. Gerade dieser Begegnungszeitraum zwischen Islam und Christentum scheint nicht die starke Seite des Autors zu sein. Ein ganz klein wenig etwas zum Islam hätte es ruhig sein dürfen. Denn auch der gehörte in vielen Regionen Europas zum Mittelalter. Und ein ein ganz klein wenig Judentum dazu?

Damit habe ich genug von dieser Einladung ins Mittelalter erzählt. Euer Schulbibliothekar wünscht sich jetzt noch, dass es eifrig genutzt wird.

Bis bald.

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