Buchvorstellung: Chika, die Hündin im Ghetto

In dieser Woche war der 9. November, der Jahrestag der Novemberprogrome durch die Nationalsozialisten an den jüdischen Bürgern in Deutschland. Nach einem Mordanschlag auf einen deutschen Diplomaten in Paris inszenierten die Nationalsozialisten diese Zerstörungen, Raubtaten und Morde in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Die Geschehnisse gipfelten wenige Jahre später in den Holocaust/Shoah und der fast vollständigen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in weiten Teilen Europas. Das war ein unvorstellbares Verbrechen! Batsheva Dagan, die heute in Israel lebt, ist eine Überlebende, aber ihre Eltern und fünf ihrer Geschwister wurden von den Nationalsozialisten umgebracht.

Batsheva Dagan ist aber nicht nur Überlebende, sie ist Psychologin, Pädagogin und Autorin. Im Land der Täter, in Deutschland, arbeitet sie bereits viele Jahrzehnte in der Erinnerungsarbeit und versucht Kindern und Jugendlichen das unglaubliche und entsetzliche Geschehen zu erklären. Das Kinderbuch „Chika, die Hündin im Ghetto“, übersetzt aus dem Hebräischen von Nurit Bareli, gehört zu dieser wichtigen Erinnerungsarbeit dazu.

Erinnerungsarbeit im Land der Täter

„Chika, die Hündin im Ghetto“ ist ein Kinderbuch, fast zu einfach für unsere Schüler ab der 5. Klasse. Es spielt in Polen. In den Städten, die die Nazis besetzt hielten, zwangen sie die Juden in abgesonderten Stadtteilen zu leben. In so einem Ghetto lebte Mikasch mit seinen Eltern. Mikasch hatte eine Hündin names Chika. Aber selbst Haustiere sollen den Juden nicht bleiben, ordnen die Nazimachthaber an und so muß Mikasch Vater die Hündin nach draußen bringen, damit eine polnische Freundin der Familie auf den Hund aufpassen kann. Es kommt noch schlimmer: Die Nazis beginnen die Juden aus dem Ghetto abzuholen, um sie in Vernichtungslagern umzubringen. Es gelingt Mikasch und seinen Eltern aber sich in ein vorbereitetes Versteck zu flüchten, um sich zu verstecken. Das gelingt und die Familie kann dort aushalten, bis die Rote Armee Polen befreit und Mikasch und seine Hündin Chika wieder vereint sind.

Das Ende des Buches mutet fast zu harmonisch und unglaublich an angesichts des systematischen Mordens der Nazis, aber es ist 1. ein Kinderbuch, 2. scheint es zum Konzept der Autorin zu gehören, die Kinder nicht in Hoffnungslosigkeit angesichts dieser Grausamkeiten fallen zu lassen. Vielleicht ist es Frau Dagans Absicht, dass die Nazis nicht noch im Nachhinein über uns triumphieren sollen. Und mir selbst kommt es in den Sinn, dass wir uns daran erinnern könnten, dass die Verfolgung von jüdischen Bürgern keine Sache der Vergangenheit ist. Gerade ein Jahr ist es her, dass der Anschlag auf die Synagoge in Halle stattfand. Die Geschichte von Mikasch und Chika spielt in der Vergangenheit, aber wir sollten auf unsere heutigen Mikasch und Chikas besser achtgeben. Deshalb lohnt es auch für Erwachsene, einen Blick in „Chika“ zu werfen. Der Antisemitismus ist immer noch nicht besiegt.

Euer Schulbibliothekar

Schreibe einen Kommentar